Freiheit stirbt mit Sicherheit |
Seit dem 11. September sind Schily und Co. doch wenigstens darüber glücklich, ihre Verschärfungen betreffend "Innerer Sicherheit" und Migrationspolitik endlich aus der Schublade ziehen zu können. Was uns als "mehr Sicherheit" vor "Terrorismus" verkauft werden soll, ist - abgesehen davon, dass erfolgte und zukünftige Verschärfungen einen solchen Anschlag wie am 11. September nicht hätten verhindern können - etwas, was auf kurz oder lang sowieso erfolgt wäre, nämlich die Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten und Grundrechte. Proteste gibt es zwar schon, aber bislang noch nicht genug, um den Entwicklungen Einhalt zu gebieten. Weiterhin werden also Daten bereitwillig heraus gegeben. Wie bei jedem Krieg, gehen militärische Interventionen und Demokratie keine gemeinsamen Wege, auch in diesem Fall wird nach Außen Aggression und nach Innen Repression ausgeübt. Bei den geplanten und bei den durchgeführten Maßnahmen der Entdemokratisierung handelt es sich um die Wiederaufbereitung reaktionärer Attacken des Überwachungsstaates,
die in aller Eile durchgesetzt wurden und das Plansoll der nächsten
fünf Jahre erfüllen könnten. Angekündigt hatten sich
reaktionäre Ausschweifungen allerdings schon in den letzten Jahren,
Stichworte sind hier Lauschangriff, Kameraüberwachung an öffentlichen
Plätzen, die de facto Abschaffung des Asylrechts oder die Debatte
um die Green Card. Die §§
129, 129a, Bildung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung,
knüpfen nicht an konkrete Straftaten an, sondern an politische Ziele.
Beide Paragrafen sind Organisationstatbestände. Die Chance rausgeschmissen oder gar nicht erst eingestellt zu werden kann groß werden, wenn mensch sich politisch betätigt, auf Demonstrationen gegen den Krieg geht, oder sonstwie sich links-oppositionell organisiert. Da wird mensch nämlich zum Risiko in jedem Bereich, der für das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar ist. Und welcher Bereich der modernen Gesellschaft ist das nicht? Obwohl die Rasterfahndung
schon fast vergessen schien, kehrte sie mit der bundesweiten Suche nach
mutmaßlichen islamischen Terroristen, sogenannten Schläfern
zurück und entwickelte neue perfide Qualitäten. Bei der Rasterfahndung
richten sich die polizeilichen Eingriffe nicht mehr gegen einzelne Tatverdächtige,
sondern Gegenstand der Ermittlungen werden alle Personen, die TrägerInnen
gleicher persönlicher Merkmale sind. Das bedeutet, dass Unschuldige
ausgesiebt werden, bis ein "Bodensatz von Verdächtigen"
bleibt, der dann mit herkömmlichen Ermittlungsmethoden durchforstet
wird. Damit wird das rechtsstaatliche Prinzip der Unschuldsvermutung umgekehrt.
Jede Person, deren Daten durch die Raster fließen, gilt als grundsätzlich
verdächtig. Zur Herausgabe von Daten waren Hochschulen, Luftfahrtschulen und Flughafengesellschaften verpflichtet, aber noch weitere Einrichtungen, wie z.B. Versorgungsunternehmen von Gas und Strom oder Unternehmen mit Bezug zur Atomenergie sollten mit der Polizei kooperieren. Und haben das auch getan, ohne sich groß zu beschweren. Gemeinsam mit einigen Asten leitete allerdings der freie Zusammenschluß von StudentInnenschaften juristische Schritte gegen die Datenherausgabe ein. Im Zuge dessen wurde der Berliner Polizeipräsident angezeigt. Mit der Rasterfahndung, so die Begründung, verstießen die Ermittlungsbehörden gegen die Datenschutzbestimmungen und betrieben Volksverhetzung, indem sie Hass gegen religiöse Gruppen schüren. Mittlerweile gibt es zwei Urteile, in Berlin und in Hessen. Dort wurde richterlich entschieden, dass die Aufforderung zur Freigabe der Daten illegal ist, da - wie schon erwähnt - laut Innenministerium selbst keine "gegenwärtige Gefahr" besteht. Auch wenn diese
Fahndung in dem Sinne keine "Erfolge" gebracht haben, dass keine
"Terroristen" gefunden wurden, ist sie aus Sicht des Repressionsapparates
nicht sinnlos. Die Rasterfahndung gliedert sich nämlich in ein Konzept
ein, welches als "selektive Überwachung" bezeichnet werden
kann. Denn der datentechnische Overkill, dem sich die Polizei durch die
modernen Überwachungsmethoden, wie z.B. Lauschangriff, Videoüberwachung
oder Kontrolle der elektronischen Kommunikation ausgesetzt sieht, bedarf
einer Kanalisierung. Festung Europa läßt grüßen Die restriktiven Maßnahmen der sogenannten Anti-Terror-Gesetzgebung im Ausländer- und Asylrecht folgen einer Logik, die die gesamten 90er geprägt hat, und die im wesentlichen auf die Sicherung der westlichen Industriestaaten abzielt. Die aktuellen Ergebnisse sind "lediglich" die ungehemmte Beschleunigung dieser Entwicklung. Schritt für Schritt werden die Rechte von MigrantInnen eingeschränkt und abgeschafft. Wichtig ist nach
wie vor, diese Zustände nicht widerspruchslos hinzunehmen und Widerstand
zu leisten, damit MigrantInnen und Andersdenkende nicht zu Freiwild werden.
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Hier sind einige Maßnahmen skizziert:
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