Alle linken Initiativen
und Solidaritätsgruppen rufen wir auf zur Einheit im Kampf gegen
staatliche Unterdrückung! Beteiligt Euch mit vielfältigen Aktionen
am 18. März! Organisieren wir gemeinsam die Solidarität mit
allen politischen Gefangenen und von Repression Betroffenen!
Am 18. März
raus auf die Straße:
Wie in den vergangenen Jahren wird es an und um diesen Tag herum Protestaktionen
in Form von Straßentheater, Knastkundgebungen, Demonstrationen usw.
geben. Angesprochen sind alle, die die krankmachenden und zerstörerischen
gesellschaftlichen Verhältnisse nicht hinnehmen und an ihrer notwendigen
und möglichen Veränderung arbeiten. Mit einem bundesweiten Aktionstag
allein ist noch nicht viel gewonnen. Das wissen wir. Genauso, daß
die Einheit der Linken noch nicht sehr weit entwickelt ist. Dennoch denken
wir, daß der 18. März als Tag der Solidarität ein politischer
Bezugspunkt linker Kräfte in diesem Land werden kann. Mit dem Datum
18. März stellen wir eine bewußte Verbindung zu den Klassenkämpfen
in der europäischen Geschichte her:
Gegen Demokraten
helfen nur Soldaten" - war eine gängige Parole der reaktionären
Kräfte in Deutschland. Am 18. März 1848 war es den Massen von
Tagelöhnern, Obdachlosen, Hungerleidern und rebellischen Frauen gelungen
im Straßen- und Barrikadenkampf die preußische Armee aus Berlin
zu vertreiben. Das Ende ist bekannt. Aus dem Versuch einer Revolution
wurde nichts, und Armee und König bekam wieder die Oberhand.
Am 18. März
1871 brachte das Pariser Proletariat die Verhältnisse zum Tanzen:
Es bewaffnete sich, verjagte die französische Regierung und begann
die Organisierung des Lebens selbst in die Hand zu nehmen. Die erste Räterepublik
der Welt war entstanden. Leider nur für kurze Zeit.
Die französische Regierung verbündete sich mit Preußen,
dessen Armeen vor Paris standen und mit deren Hilfe die Kommune angegriffen
und zerschlagen wurde. 25.000 Menschen starben bei diesem rachedürstigen
Sturm der bourgeoisen Konterrevolution.
Wesentlich in Bezug
auf jenen 18. März der Pariser Kommune, wurde auf dem IV. Weltkongreß
der kommunistischen Internationale die alljährliche Durchführung
eines internationalen Tages der politischen Gefangenen beschlossen. Das
erste Mal am 18. März 1923, bis der Faschismus diese Tradition beendet
hat.
Der 18. März
ist ein Tag der Solidarität.
Diesen Begriff mit Leben zu füllen und gemeinsames Handeln zu ermöglichen
ist ein Ziel. Solidarität ist eine Antwort auf das immer perfekter
funktionierende System.
Sei es die Globalisierung, die den freien Fluß des Kapitals weltweit
garantieren soll, und uns immer weiter zur Ware und zum Konsumobjekt deklassiert.
Sei es durch den völkerrechtswidrigen NATO-Angriffskrieg gegen die
BR Jugoslawien, der die Bevölkerung eines ganzen Landes zu Opfern
von Kapital- und Hegemonialinteressen hat werden lassen. Oder das gepriesene
neue Europa, das nur Vorteile für die Herrschenden bringt.
Sei es die "Festung Europa" die es möglich gemacht hat,
den Repressionsapparat europaweit auszudehnen und Menschen grenzenlos
zu verfolgen.
1. Staatsräson:
"Es gibt keine politischen Gefangenen" :
Kalter Krieg, Modell Deutschland, "Wiedervereinigung" - in allen
Phasen ihrer Entwicklung gab und gibt es in der Bundesrepublik politische
Gefangene. KPDler, gefangene Guerillas und Militante, türkische,
kurdische, tamilische oder palästinensische Linke, Totalverweigerer,
DDR-Funktionäre. Die Antwort des Staates auf die Organisierung und
den Kampf für grundlegende gesellschaftliche Veränderungen,
war und ist Kriminalisierung, Repression, Gefangenschaft. Um gleichzeitig
zu behaupten: Es gibt keine politischen Gefangenen, nur Terroristen und
Kriminelle. Alles geht nach Recht und Gesetz, und wo das bisweilen nicht
der Fall war, wurde sozusagen nachgebessert: Lex RAF, Lex PKK... Der Rechtsstaat
behauptet sich als Norm. Zwangsläufig wird somit jedes Aufbegehren
gegen die politische und gesellschaftliche Ordnung zur kriminellen Tat
umgedeutet. Entpolitisierung und Kriminalisierung, im Rechtsstaat ist
das eine nicht von dem andern zu trennen und setzt gestern wie heute die
Bedingung für jede fundamentale Opposition. Menschen, die vor Hunger,
Folter und Krieg in die westlichen Metropolen fliehen werden meist unter
menschenunwürdigen Bedingungen in Haft gehalten bevor sie abgeschoben
werden. Ihnen wird kein Recht auf ein menschenwürdiges Leben zugestanden.
Statt dessen werden sie Opfer der Effektivitätskriterien der westeuropäischen
Abschiebemaschinerie.
2. Gesellschaft
2000: Präventive Konterrevolution:
Auch ohne RAF und bewaffnete Politik und Revolte auf den Straßen:
Das repressive Instrumentarium, das gegen die Entwicklung gesellschaftlicher
und revolutionärer Kämpfe in Anschlag gebracht wurde, ist heute
Grundlage für den weiteren Ausbau der Sicherheits- und Repressionsapparate
bis weit in die Gesellschaft hinein. Stammheim steht nicht nur für
Isolation und den Tod von politischen Gefangenen in Deutschland; das Modell
Stammheim wird international exportiert. So richteten sich auch die jüngsten
Kämpfe der türkischen Revolutionäre gegen die Zerstörung
ihrer Gefangenenkollektive und die Isolationshaft. Alle Untersuchungen
gegen das am Massaker beteiligte Gefängnispersonal in Ankara Ulucanlar-Gefängnis,
bei dem im Sommer 1999 zwölf Gefangene getötet wurden, sind
eingestellt. Statt dessen wird die Planung der neuen "F"-Typ-Gefängnisse,
die "Europa-Zellen" vorangetrieben. O-Ton des türkischen
Justizministeriums: "Sauber, hell, mit Bibliothek und effizient.
Wie in Europa". Genauso in Chile oder Peru: "das Schweigen brechen"
war auch ein Motto für die Besetzung der japanischen Botschaft durch
die Guerillas der peruanischen MRTA, mit der sie ihre Gefangenen befreien
wollten.
3. Ausgangspunkt:
Zwischen der Erkenntnis und Haltung "Solidarität und Zwang schließen
sich aus, und sie ist nicht zu kündigen wie ein Kleinkredit",
vermittelt in der Hungerstreikerklärung der Gefangenen aus der RAF
im Februar 1981, und dem Schweigen um die Gefangenen in der Gesellschaft
heute liegen nicht nur 19 lange Jahre. Fast alles ist anders geworden:
die Ausgangsbedingungen, international und in der Gesellschaft, die Linke,
der Staat. Es ist still geworden um die Gefangenen aus der RAF: Sprachlosigkeit
hat in den letzen Jahren, drinnen, wie draußen die Szenerie beherrscht.
Ideologische Vorbehalte, individualisierte Entscheidungen und die Hilflosigkeit
der Linken draußen hat viel dazu beigetragen, daß die politischen
Gefangenen in der BRD aus der Öffentlichkeit und den Köpfen
der Menschen verschwunden sind.
Hier in der BRD sitzen immer noch 6 Gefangene aus der RAF im Knast und
zwei aus den "Antiimperialistischen Zellen"; vor wenigen Tagen
wurde Andrea Klump von Österreich an Stammheim ausgeliefert; durch
Verrat sitzen mittlerweile 4 Menschen im Knast, denen Mitgliedschaft bei
den Revolutionären Zellen (RZ) vorgeworfen wird. Nachwievor werden
32 Antifaschist/innen aus Passau mit Verfahren nach §129 (Bildung
einer kriminellen Vereinigung) konfrontiert. Und seit Sommer diesen Jahres
sind 10 Menschen aus der Anti-Castor-Bewegung mit dem §129a (Bildung
einer terroristischen Vereinigung) angeklagt. Gleichzeitig befinden sich
hunderte von Flüchtlingen in den Abschiebeknästen und werden
täglich abgeschoben, oft in den Tod - BRD Todesstrafe durch die Hintertür.
Die größte Gruppe von politischen Gefangenen in Deutschland
sind mittlerweile hunderte von kurdischen und türkischen politischen
Gefangene. Sie sind häufig Isolationshaftbedingungen ausgesetzt.
Gegen dutzende türkische und kurdische Linke laufen §129a Ermittlungsverfahren
wegen Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer terroristischen bzw.
kriminellen Vereinigung
4. Nicht nur zum
18. März - die Bewegung aus der Sackgasse:
Widerstand ist sinnlos, alle sind kriminell" - diese Haltung scheint
als gesellschaftliche Norm durchgesetzt. Dahinter steckt die Zerstörung
jedes politischen Zusammenhangs: Die Leugnung der Möglichkeit emanzipatorischer
Veränderungen bis hin zum Auslöschen des Bewußtseins und
der Erinnerung an die Kämpfe von unten der vergangenen Jahrzehnte.
Und umgekehrt, weil das eine von dem andern nicht zu trennen ist, wird
darin die Schwäche linker Politik in diesem Land offensichtlich.
Beides setzt den Ausgangspunkt dafür, die Freiheit der politischen
Gefangenen zu erkämpfen.
Das Schweigen brechen,
die Initiative ergreifen" - mit der üblichen linken Betriebsamkeit
wird es (nicht nur) an der Frage der politischen Gefangenen keine Veränderungen
geben. Das haben die letzten Jahre bewiesen. Damit leugnen wir nicht,
daß Genossinnen und Genossen darum kämpfen, den gegenwärtigen
Stand der Dinge zu verändern. Und die internationale Kampagne für
das Leben von Mumia Abu-Jamal ist auch ein Beweis dafür, daß
sich überall Menschen für die politischen Gefangenen in Bewegung
setzen. Mumia Abu Jamal, schwarzer Journalist und Ex-Black Panther sitzt
nun seit über 18 Jahren in den "Deathrows" des us-amerikanischen
Knastregimes und wird mit dem Hinrichtungstod bedroht. Bisher ist es einer
internationalen Solidaritätsbewegung gelungen ihn vor der Hinrichtung
zu bewahren. Wir müssen aber die Intensität unseres Protestes
steigern - auch für Abdullah Öcalan, der von einem internationalen
Geheimdienst-joint-venture in die Türkei entführt und vom türkischen
Regime zum Tode verurteilt wurde.
Nicht nur zum 18.
März: Erkämpfen wir uns den Raum, um eine möglichst breite
Öffentlichkeit über die Realität politischer Gefangener
und ihrer Bedingungen in den deutschen Knästen herzustellen. Jede
Initiative dafür zählt! Darüber hinaus braucht es eine
längerfristige Organisierung, den Aufbau von Orten der Kommunikation
innerhalb der Linken, in der Gesellschaft und international, um mit den
politischen Gefangenen ihre Freiheit zu erkämpfen.
Ein Kriterium dafür
muß sein, daß Solidarität unteilbar und ein wechselseitiges
Verhältnis ist! Das bedeutet keinesfalls kritiklose Zustimmung. Aber
sehr wohl aus der eigenen Lage zu handeln, um Einheit herzustellen und
nicht nach Ideologien und politischen Vorlieben" zu sortieren. Spalten
wir an diesem Punkt auch noch unsere Unterstützung, fehlt uns jeglicher
Ansatz zu einem relevanten Widerstand. Auch in Zukunft gilt: Statt vereinzeltem
Umgang mit staatlicher Repression, gemeinsames Verhalten dagegen!
|