Wir stehen hier vor der Karcher-Wache, weil wir zum Rassismus in der USA, aber auch was zum Rassismus in der BRD sagen wollen.
Denn über Rassismus reden, heißt auch über staatlichen Rassismus zu reden. Die Polizei ist eine Exekutive, die unter anderem den staatlichen Rassismus umsetzt, und sie ist ein zentrales Instrument der staatlichen Repression.
Dies ist in der USA nicht anders wie hier!
Mumia wird nicht ausschließlich
aus rassistischen Gründen verfolgt, sondern er wird auch deshalb verfolgt,
weil er seit seiner frühen Jugend linker Aktivist ist. Die Verhaftung und
Verurteilung von Mumia Abu-Jamal Anfang der 80er Jahre steht in der Kontinuität
des Cointelprogramms der US-Regierung. Dieses Programm zielte auf die Vernichtung
radikaler linker Opposition in der USA.
Solche staatlichen Programme zur Bekämpfung linker fundamentaler Opposition
gibt es in modernisierter Form weltweit! Sie sind Bestandteil der sogenannten
neuen Weltordnung.
Rassismus ist eine Gewaltstruktur, die es auf allen Kontinenten in verschieden
Formen und Ausprägungen gibt.
In der Kampagne gegen die Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal wird einiges über
den Rassismus in der USA und die Aufstände, die sich dagegen richten, transportiert
.
Dies darf nicht dazu führen, daß der Rassismus in der BRD negiert
oder verharmlost wird.
Ganz unmittelbar stellt sich diese Frage nach einer politischen Verbindung und
Solidarität für linke Opposition auch im Zusammenhang mit den Kurdinnen
und Kurden.
Sie sind es, die hier seit einiger Zeit zentral im Visier der Staatsschutzapprate stehen:
Vor 2 Wochen wurden in
Frankfurt auf allen Zufahrtswegen polizeiliche Straßensperren aufgebaut,
und alle nach den rassistischen Kritierien der Polizei "kurdisch aussehenden
Menschen" wurde die Weiterfahrt nach Frankfurt verwehrt. Einige Tage davor
ist eine Hungerstreikaktion von Kurdinnen und Kurden in Frankfurt von der Polizei
brutal angegriffen worden.
Die Brutalität der deutschen Polizei gegen radikale linke Oppposition ist
nicht neu, wir kennen dies auch von Übergriffen der Polizei gegen uns.
Bei den Übergriffen auf die Kurdinnen und Kurden in Frankfurt kommt zu
dieser Brutalität aber genau das rassistische Gewaltverhältnis gegen
Nichtdeutsche noch dazu. Und es ist nicht verwunderlich, daß in den Apparaten
der deutschen Polizei offener Rassismus an der Tagesordnung ist.
Die Verbindung des Angriffs
auf die Kurdinnen und Kurden und auf Mumia hat zwei Hauptkomponenten: einerseits
die Zerschlagung von linker Organisierung und Widerstand, und andererseits die
rassistisch motivierte staatliche Verfolgungspolitik.
In den letzten Jahren hat sich in der BRD eine zunehmende reaktionäre Entwicklung
durchsetzen können. Deutlich wird dies beispielsweise an der Militärisierung
der deutschen Außenpolitik.
Im Inneren ist diese reaktionäre Entwicklung durch einen aggressiven Nationalismus
geprägt. Begleitet durch eine völkische Ideologie von "wir sitzen
alle in einem Boot".
Der breite rassistische Konsens war eine wichtige Bedingung für die Abschaffung des Asylrechts 1993. Seitdem hat sich die Situation von Flüchtlingen und Migrantlnnen zunehmend verschärft:
Der größte Teil der Flüchtlinge erreicht die "Festung Europa" erst gar nicht mehr!
Von denjenigen, die sich auf den Weg ins reiche und weiße Europa machen, erreichen manche ihr Ziel nicht mehr lebend. Dies ist eine andere Form von "Todesstrafe".
Diejenigen, denen es heute noch gelingt, die BRD zu erreichen, werden zunehmend illegalisiert und kriminalisiert.
Eine Vielzahl der Flüchtlinge müssen in Flüchtlingslagern leben, oder sie sitzen im Abschiebeknast.
Generell ist zu sagen, daß sich die Lebensbedingungen für alle Flüchtlinge und Migrantlnnen zunehmend verschärfen, hier und in allen Ländern der Festung Europa. Ein Beispiel aus dem Alltag für diese Verschärfung ist die Umstellung von Sozialhilfe auf Lebensmittelpakete. Ein anderes ist die Entscheidung der Telekom, in Flüchtlingsheimen keine Telefone zu installieren. Keine Frage, die Ausgrenzung Nichtdeutscher hat längst jeden Winkel der Gesellschaft erreicht.
Parallel zu dieser staatlichen
reaktionären Politik liefen 1992/93 die rassistischen Pogrome und Brandanschläge
gegen Menschen ohne deutschen Paß.
Diese schafften in einer funktionalen Einheit mit der staatlichen Politik die
gesellschaftliche Voraussetzung für eine Forcierung der reaktionären
Entwicklung.
Es hat sich eine" Kultur der Abschreckung " etabliert. Die rassistische
Verfolgung und Diskriminierung von Migrantlnnen ist zur bundesdeutschen Normalität
geworden.
In den letzten Jahren hat sich dagegen von Migrantlnnen Protest und Widerstand
an unterschiedlichen Punkten entwickelt-
Mit diesem Protest und Widerstand sind wir solidarisch! Wir finden es richtig
und notwendig , diese Organisierungsansätze der Migrantlnnen politisch
und praktisch zu unterstützen.
Es ist eine zentrale Frage für linke Opposition, inwieweit es gelingen
wird, eine relevante Kraft gegen die reaktionäre Entwicklung und deren
Ursachen zu entwickeln.
Migrantlnnen die hier
leben sind jeden Tag mit den Repressalien der Polizei konfrontiert. Amnesty
International schreibt in ihrem Jahresbericht von Mißhandlungen ausländischer
Menschen auf Polizeirevieren, und spricht in diesem Zusammenhang von Folter.
Dies ist uns auch von dem Polizeirevier, vor dem wir jetzt stehen, bekannt:
hier werden sowohl ausländische Menschen mißhandelt, wie auch andere
Deklassierte des öfteren festgehalten.
Es ist auch so, daß im Nauwieser-Viertel ebenso wie im Bahnhofbereich
insbesondere ausländische Menschen durch die Polizei kontrolliert werden.
Es gab in diesem Zusammenhang schon einige Festnahmen und Personenkontrollen
gegen Leute aus der linken Opposition, weil sie sich bei solchen Kontrollen
dazustellten und sich einmischten.
Der Anlaß daür,
daß Mumia 1982 zum Tode verurteilt wurde, war die Mißhandlung seines
Bruder von Polizisten in Philadelphia. Mumia wollte ihm zur Hilfe kommen, wollte
sich dazu verhalten, wollte kein Zuschauer sein.
Diese Art polizeilicher Übergriffe gehört zu den Alltagserfahrungen
der Peoples of color in den USA. In den Wohnvierteln der schwarzen Deklassierten
herrscht ein permanenter Belagerungszustand. Aus dieser Lebensrealität
für die Mehrheit der peoples of color verschaffen sich die Deklassierten
in den riots die Möglichkeit ihren Haß und ihre Wut auszudrücken.
Mumia kämpft seit den 60er Jahren gegen diesen modernisierten Kolonialismus
der US-Regierung.
Die Ursachen die dazu führten, daß in den 60er Jahren viele afroamerikanische
Menschen gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Rassismus kämpften, haben
sich in der neuen-alten Weltordnung vervielfacht.
Allerdings drückt
sich dies in der USA ebenso wie in Europa nicht in einer dementsprechenden Organisierung
und Orientierung der Kämpfe aus.
Die Gründe, gegen das imperialistische System zu kämpfen, liegen auch
für uns auf der Hand.
Es muß darum gehen, diesen Kampf entlang eigener Ziele theoretisch und
praktisch zu entwickeln und zu organisieren.
Wir müssen uns klar darüber werden, daß dieser Prozeß
bewußt angepackt werden muß, und daß wir ihn nicht von heute
auf morgen aufbauen werden.
Kampf dem Rassismus!
Freiheit für Mumia Abu-Jamal!