Dem reaktionären Konsens in der Gesellschaft etwas entgegensetzen!
KEIN FUSSBREIT DEN FASCHISTEN!
Saarlouis - eine Hochburg saarländischer Faschisten
In der Nacht vom 18.
auf den 19. September 1991 wurde Samuel Yeboah, Flüchtling aus Ghana, bei
einem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Saarlouis ermordet.
Genau ein Jahr später griffen Faschisten erneut im Raum Saarlouis drei
Flüchtlingsunterkünfte an: Ein Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim
in der Gutenbergstraße, ein Brandanschlag in Saarwellingen auf eine Wohnung
kurdischer Flüchtlinge, ein versuchter Anschlag mit einer professionell
gefertigten Rohrbombe auf das Orranaheim.
Gleichfalls in Saarlouis versuchten Faschisten, mit einem Gasgemisch und einem
Zünder das selbstverwaltete Zentrum KOMM in die Luft zu sprengen.
Zum 3.9.1994 hatte der in der seit 1995 verbotenen FAP (Freiheitliche deutsche Arbeiterpartei) organisierte Faschist Peter Strumpler eine Demonstration in Saarlouis gegen ein geplantes Punkertreffen angemeldet, Motto: "Gegen links-autonome Übergriffe". Mit einer Gegenmobilisierung antifaschistischer und linker Gruppen konnte der Faschistenaufmarsch damals noch verhindert werden.
Am 23. März 1996
hingegen konnten ca. 100 Faschisten - beschützt von der deutschen Polizei-
einen Aufmarsch durch Saarlouis durchführen, bei dem oben erwähnter
Peter Strumpler als Ordner fungierte. Zum Anlaß nahmen die Faschisten
einen Vorfall in der Saarlouiser Disco "Yesterday", bei dem sich Jugendliche
erfolgreich gegen rechte Angreifer verteidigten. Unter dem Motto: "Gegen
Gewalt -mehr Akzeptanz jugendlicher Subkultur" versuchten sich die Faschisten
zu Opfern zu machen. Drahtzieher und Initiatoren der Demonstration waren Aktivisten
der FAP und der ANK (Aktionsfront natiotionaler Kameraden).
Ca. 70 Antifaschistinnen versuchten, den Aufmarsch zu verhindern. Der Einsatz
von Polizeiknüppeln und - Fäusten sorgte dafür, daß der
Faschistenaufmarsch bis zum Ende durchgeführt werden konnte. Trotzdem gelang
es den Gegendemonstrantinnen, die Faschisten mit Flaschen und anderen Gegenständen
zu bewerfen, und die Parolen der Faschisten zeitweise zu übertönen.
Während bei der Abschlußkundgebung der Faschisten vor der Disco "Yesterday"
die erste Strophe des Deutschlandlieds abgesungen wurde, wurde ein Antifaschist
unter dem Jubel der Faschisten von der Polizei brutal festgenommen. Inzwischen
gibt es ein Ermittlungsverfahren gegen ihn
wegen "versuchtershter Körperverletzung, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz
und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte".
Von den Jusos und vom Ausländerbeirat Saarlouis gab es öffentliche
Stellungnahmen gegen die Faschistendemo am 23. März. Ein Saarbrücker
erstattete gegen den Oberbürgermeister von Saarlouis, Nospers, Anzeige
wegen " Volksverhetzung", das Verfahren wurde jedoch von der Staatsanwaltschaft
eingestellt.
Bereits am 4. Mai 1996 versuchten die Faschisten einen erneuten Aufmarsch, gegen
den an einem Tag an Saarlouiser Schulen 500 Unterschriften gesammelt werden
konnten. Der Aufmarsch wurde von den zuständigen Stellen in Saarlouis auf
den öffentlichen Druck hin verboten. Die Drahtzieherschaft der FAP konnte
nicht mehr geleugnet werden. Das ist sicher als ein Erfolg der vorhergehenden
antifaschistischen Mobilisierung zu werten.
Gegen den reaktionären Konsens
Daß sich die Faschisten (nicht nur die saarländischen) Saarlouis als Ort ihrer Aufmärsche und Übergriffe aussuchen, ist kein Zufall.
Die in Saarlouis ansässigen Bundeswehreinheiten inklusive Saarlandbrigade prägen mit ihrer nationalistischen-militaristischen Propaganda die öffentliche Stimmung. Daß vor diesem Hintergrund rechte Parteien wie "Die Republikaner" und "Deutsche-Volks-Union", deren Wähler- und Mitgliederschaft im Repressionsapparat überdurchschnittlich vertreten ist, gute Wahlerfolge in dieser Garnisonsstadt verbuchen können, verwundert nicht.
Die These, Faschisten und Rassisten als "Opfer" darzustellen, findet in Saarlouis auch Anklang bei der Evangelischen Kirchengemeinde und zuständigen Sozialarbeitern. Diese werben für Verständnis für die faschistische und rassistische Gesinnung Jugendlicher, die sie zugleich als "jugendliche Subkultur" bezeichnen und damit verharmlosen. Zugleich werden den Faschisten Räume als Treffpunkt zur Verfügung gestellt. Träger dieses Projektes ist das evangelische Jugendwerk an der Saar.
Mit diesem Ansatz wird
allerdings das wahre Wesen faschistischer und rassistischer Gesinnung verdreht
und verwässert. Den militanten Übergriffen und Pogromen gegen Flüchtlinge
ging eine Debatte von ParteipolitikerInnen voraus, die in der Bevölkerung
Stimmung zur Abschaffung des Grundrechts auf Asyl schaffte. Darin war die Rede
von "Asylantenflut", vom "vollen Boot" und von angeblichen
"Scheinasylanten". Das aktuell von bürgerlichen Parteien, Gewerkschaften
und Unternehmern gleichermaßen formulierte Ziel "Standort Deutschland
sichern" steht der NPD-Parole "Deutschland zuerst" in nichts
nach.
Rassismus fängt nicht erst da an, wo Faschisten mit Knüppeln, Messern
und Brandsätzen gegen nichtdeutsche Menschen vorgehen. Rassismus ist eine
an den Haaren herbeigezogene "Rechtfertigung", warum Menschen mit
z.B. anderer Hautfarbe und Herkunft nicht die gleichen Rechte haben sollen wie
WesteuropäerInnen. Warum es erlaubt sein soll, sie in Sammellager zu pferchen,
ihnen weniger Sozialhilfe und geringere Löhne zu zahlen. Und, seit 500
Jahren, ihnen ihre Bodenschätze zu rauben, sie zu Sklaven zu machen und
sie -wie in Kurdistan, Südafrika usw. - ihrem Land zu berauben.
Rassismus kommt aus der Mitte der Gesellschaft
Spätestens seit
den faschistischen Pogromen in Rostock, Mannheim-Schönau und in weiteren
Städten ist klar, daß die Straßenfaschisten mit der Unterstützung
breiter Kreise der deutschen Bevölkerung rechnen können. Diese geht
von stillschweigendem Zuschauen bis zu Beifall und aktiver Beihilfe.
Nach den Morden an fünf TürkInnen in Solingen im Mai 1993 sollten
Lichterketten gegen "Gewalt und Fremdenfeindlichkeit" den im Ausland
angeschlagenen Ruf des "demokratischen" Deutschlands wiederherstellen.
Neben dem Interesse, sich symbolisch die Hände reinzuwaschen war der eigentliche
Grund, verunsicherte ausländische Wirtschaftsunternehmen zu besänftigen.
Die propagandistische und heuchlerische Aufforderung verantwortlicher ParteipolitikerInnen
zur "Zivilcourage", die ab und an ausgesprochenen Verbote faschistischer
Organisationen und Verhaftungen von Faschisten können nicht darüber
hinwegtäuschen, daß sich Staat, Straßenfaschisten und große
Teile der Gesellschaft im Kern einig sind: Den westlichen Wohlstand auf Grundlage
5OO-jähriger Kolonisation, der weiteren Ausplünderung der Länder
im Süden der Erde und die Abschottung vor der damit produzierten Armut
durchzusetzen und aufrechtzuerhalten.
Wir haben uns im "Aktionsbündnis
Samuel Yeboah" zusammengeschlossen, um den Faschisten und dem reaktionären
Konsens in Saarlouis entgegenzutreten.
Vom 7. bis 13. Oktober 1996 führen wir in Saarlouis "antifaschistische
Aktionstage" durch, an denen wir mit Veranstaltungen, Infotischen und weiteren
Aktivitäten möglichst viele Leute informieren, mit ihnen diskutieren
und zusammen auf die Straße gehen wollen. Dadurch soll an diesen Tagen
das Stadtbild von uns AntifaschistInnen bestimmt werden.
DEM
REAKITONÄREN KONSENS IN DER GESELLSCHAFT ETWAS ENTGEGENSETZEN!
Die antifaschistischen
Aktionstage werden vom Aktionsbündnis Samuel Yeboah veranstaltet. Zu diesem
Zweck haben sich zusammengeschlossen: Autonome Antifa Saarbrücken, Aktion
3. Welt Saar, Antifaschistische Nachrichten Saar, Antifa Saarlouis, Antifa Trier,
basis Saarbrücken, Solidaritätskomitee Mumia Abu-Jamal.
In der Nacht vom 18. Auf den 19. September 1991 wurde Samuel Yeboah, ein Flüchtling
aus Ghana, bei einem Brandanschlag in Saarlouis ermordet. Er ist eines der zahlreichen
Opfer des Terrors der Straßenfaschisten, des staatlichen Rassismus und
des reaktionären Konsens in der Gesellschaft.
Wir haben unser Aktionsbündnis nach ihm benannt gegen das Vergessen des
alltäglichen Terrors gegen Flüchtlinge, und weil der Mord an Samuel
Yeboah Ausdruck dessen ist, wogegen sich unsere Aktivitäten richten. Kein
Fußbreit den Faschisten - dem reaktionären Konsens in der Gesellschaft
etwas entgegensetzen!
TERMINKALENDER
Montag, 7. Oktober 1996,
Informatlons- und Diskussionsveranstaltung, Beginn: 18.00 Uhr
Spanien im Bürgerkrieg (1936-1939): Der Kampf gegen Franco und die soziale
Revolution In Katalonien. Im Juli 1936 putscht die spanische Armee gegen die
republikanische Regierung und löst damit den Bürgerkrieg aus. Ein
Drittel des Landes bringt die Armee unter dem faschistischen General Franco
unter ihre Kontrolle. Besonders in Katalonien schlagen die ArbeiterInnen, die
sich zum großen Teil in der anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft CNT
organisiert haben, den Aufstand vorerst erfolgreich zurück. Sie verjagen
die Kapitalisten und beginnen die Fabriken selbst zu verwalten. Die Zentralregierung
in Madrid verliert auch für einige Monate die Herrschaft über Katalonien.
Trotzdem beginnt der gemeinsame Kampf der Regierung und der ArbeiterInnen gegen
die Armee, doch die antifaschistische Einheitsfront ist zu unterschiedlich und
bringt weitere Machtkämpfe mit sich. AntifaschistInnen aus dem Saarland
Dienstag, 8. Oktober
1996, Veranstaltung "Deutsche Täter sind keine Opfer -Fahrlässige
Entsorgung von Rechtsextremismus durch Sozialarbeit", Beginn 20.00 Uhr.
Der Saarlouiser Skinheadaufmarsch im März 1996 wurde von Sozialarbeitern,
Skins und einigen Medien als Versammlung jugendlicher Subkulturen verharmlost
Dieses Bild folgt den Thesen des Bielefelder Erziehungswissenschaftlers Prof.
Wilhelm Heitmeyer (Soziologe).
Wir widersprechen mit dieser Veranstaltung der Auffassung, Rassismus könne
als Randgruppenproblem betrachtet und durch Sozialarbeit bekämpft werden.
Brennende Flüchtlingsheime sind ebenso ein Ausdruck der herrschenden Menschenverachtung
wie die von etablierten Parteien ausgelöste Asyldebatte, die Flüchtlinge
als Gefahr für das arme, kleine Deutschland darstellt.
Referent: Alfred Schobert, Mitarbeiter des AK Rechtsextremismus des Duisburger
Instituts für Sozial- und Sprachforschung (DISS). Aktion 3. Welt Saar
Mittwoch, 9. Oktober
1.996, FIlmvorführung mit anschlIeßender Diskussion, Beginn 1.8.00
Uhr
Land und Freiheit (Land and Freedom), ein Spielfilm von Ken Loach berichtet
aus der Sicht einer antifaschistischen Miliz vom Kampf gegen Franco, und den
revolutionären Veränderungen. Die Revolution wird von der Zentralregierung
unter starkem Einfluß der stalinistischen KP unterdrückt. Die antifaschistischen
Milizen werden gezwungen, sich der neugegründeten Volksarmee im Kampf gegen
das aufständische Militär unterzuordnen. Schließlich wird der
Kampf gegen den Faschismus genauso verloren wie der für eine Revolution.
Der Film ist direkt angelehnt an das Buch "Mein Katalonien" von George
Orwell. AntifaschistInnen aus dem Saarland
Sonntag, 13. Oktober 1996, Information und Filmvorführung, Beginn 19.00 Uhr. Gegen das Vergessen des jüdischen Widerstands gegen die nationalsozialistische Vernichtungsmaschinerie zeigen wir Ingrid Strobls Film "Mir zeynen do!" über den Ghettoaufstand und die PartisanInnen von Bialystok. Integriert in kurze Hintergrunddarstellungen durch Ingrid Strobl besteht der Film in der Hauptsache aus Interviews mit überlebenden KämpferInnen des jüdischen Widerstands. Neben Chaika Grossman, die Mitglied im Hauptquartier des Widerstands im Ghetto von Bialystok war, kommen weitere Frauen, die dort zum Kern des städtischen Untergrunds gehörten, zu Wort. Der Film vermittelt viel über Bedingungen, Entwicklung und Organisierung von Widerstand gegen einen scheinbar übermächtigen Feind und ist auf der subjektiven Seite vor allem auch ein Dokument von persönlicher Opferbereitschaft, von Würde und Mut. Beginn 19.00 Uhr. Gruppe basis, Saarbrücken
All diese Veranstaltungen finden statt im: KOMM, Lisdorfer Straße 19a, Saarlouis.
Freitag, 11. Oktober 1996, Solikonzert des Jugendzentrums Merzig für die Antifa-Tage mit den Gruppen: My lay, Feafick, Craven und special guests. Im Juz Merzig, Beginn 20.00 Uhr, Eintritt 10,00 DM.
Antifaschistische
Demonstration,
Donnerstag, 10. Oktober 1996,
Beginn 17.30 Uhr, Am Großen Markt, Saarlouis.